Zehn Grundlagen für kirchliches Fundraising

 

Suchen Sie (noch) Spenden – oder laden Sie (schon) Menschen zur Beteiligung an Ihren Projekten ein? Als „die Kunst des Bettelns“ wurde das Fundraising früher beschrieben – und für manche ist es das leider noch heute. Fundraising ist mehr als die Suche nach Geld-, Sach- oder Zeitspenden. Es bietet eine neue Perspektive auf das kirchliche Handeln.

 

1. Fundraising vermittelt Werte

 

Fundraising braucht eine Mission bzw. Vision, aus der heraus ein Projekt mit dem Ziel einer Veränderung einer gesellschaftlichen Herausforderung entwickelt und gestartet wird. Fundraising vermittelt daher zwei Botschaften, ein materielles Ziel und eine immaterielle Begründung, die die zugrundeliegenden Werte und die angestrebten gesellschaftlichen bzw. nachhaltigen Wirkungen des Projektes beschreibt.

 

2. Fundraising erfordert Haltung

 

„Nur der kann sich der Not in ihrer ganzen Breite entgegenstellen, der den Mut hat zur ersten kleinen Tat.“ (Johann Hinrich Wichern) Fundraising macht sichtbar, wofür Kirche steht, und trägt damit zu gesellschaftlichen Diskussionen und Veränderungen bei, solange die Werte klar kommuniziert und auch gegen zu erwartende Proteste durchgehalten werden.

 

3. Fundraising braucht Glaubwürdigkeit

 

Es reicht nicht, Werte zu haben und diese zu kommunizieren. Sie müssen auch gelebt und glaubwürdig vertreten werden. Fundraising braucht authentische Personen, die sich selbst für die Kirche und ihre Projekte engagieren, von ihrer eigenen Begeisterung dafür erzählen und so andere für „ihr“ Projekt bzw. für die Kirche(ngemeinde) gewinnen können.

 

4. Fundraising weckt Begeisterung

 

Fundraising spricht das Herz an und nicht den Kopf. Es braucht deshalb emotional ansprechende Bilder statt der nüchternen „Zahlen – Daten – Fakten“. „Nur wenn das Feuer in dir selber brennt, kannst du es in anderen entzünden.“ (Augustinus) Fundraising lebt von gut erzählten Geschichten mit positiven Botschaften, die die Gefühle der Menschen ansprechen und sie damit für das jeweilige Projekt begeistern.

 

5. Fundraising schenkt Glücksgefühl

 

Geben macht glücklich. Dafür braucht es eine offene Ansprache und eine Wertschätzung der Menschen, die ihnen die Möglichkeit gibt, sich aus innerer Freiheit heraus jeweils neu zu entscheiden, ob und wie sie ein („gutes“) Projekt unterstützen wollen oder können.

 

6. Fundraising bietet Beteiligung

 

Beteiligung ist mehr als eine Wahl zwischen Spendentöpfen. Fundraising ist Gemeindeaufbau, bei dem Menschen sich über ihre Verbundenheit mit einem Projekt oder ihrer Kirchengemeinde engagieren. Dies setzt die Offenheit für Menschen unterschiedlicher Einstellungen, Herkunft, Kultur, Hautfarbe und Religion voraus.

 

7. Fundraising bildet Netzwerke

 

„Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann – tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde.“ (Margaret Mead) Fundraising lebt durch die von der eigenen Begeisterung getragene Vervielfachung einer Projektidee in die unterschiedlichen Netzwerke hinein. Die jeweils handelnden Personen brauchen das Vertrauen und die Freiheit, dass sie das Projekt engagiert und glaubwürdig vertreten.

 

8. Fundraising fördert Profil

 

Diakonie und Caritas sind sehr starke Marken – bundesweit! Die Kirche fehlen dagegen – trotz des verbindenden Zeichens des Kreuzes –eine Identitätsbildung und ein Alleinstellungsmerkmal. Fundraising ist ein systematisches und langfristiges Vorgehen, bei dem die Kirchengemeinde ihr Profil (Marke) schärft, sich ihrer grundlegenden Werte (Mission) bewusst wird, ihren gesellschaftlichen Auftrag (Vision) definiert und das jeweilige Projekt so formuliert und kommuniziert, dass die Geldgeber*innen sich dafür begeistern (Emotion / Story) werden.

 

9. Fundraising berührt ethische Grundsätze

 

„Geld ohne Liebe ist wie Salz ohne Kraft.“ (Martin Luther King) Die Kirche steht in der Spannung zwischen Wahrheit, Macht und Liebe Gottes auf der einen und Logik, Leistung und Funktion des Geldes auf der anderen Seite. Sie darf nicht verschweigen, dass sie für Ihre Arbeit (viel) Geld benötigt, und muss offen dafür eintreten. Sie muss auch im Umgang mit Geld glaubwürdig bleiben. Alle Fundraisingmaßnahmen sind auf Vereinbarkeit mit dem christlichen Auftrag zu prüfen.

 

10. Fundraising hat auch Grenzen

 

Das Kirchensteueraufkommen wird in den nächsten Jahren sinken. Deshalb wachsen auch die Erwartungen an das Fundraising, dass möglichst viele Lücken schließen soll. Fundraising ist keine Lücken-Finanzierung eines (strukturellen) Defizits, sondern eine ergänzende Finanzierung für Projekte, die auf der Grundlage der eigenen Werte bzw. des Auftrags begonnen werden und eine soziale oder gesellschaftliche Wirkung erzielen.

 

Gunnar Urbach, Auszug aus der Masterarbeit „Wovon Kirche lebt – Kirchliche Einnahmen im Spannungsfeld zwischen Gabe, Beitrag, Steuer und Entgelt“ (2020) veröffentlicht im Fundraiser-Magazin (Ausgabe 5/21)

Lasse nie zu, dass du jemandem begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist.

Mutter Teresa von Kalkutta