Spenden

 

Spenden sind ein Gabehandeln. Sie erfolgen freiwillig und unentgeltlich und werden i. d. R. mit einer gewissen Zweckbestimmung gegeben. Spenden bilden damit eine spezifische Form sozialen Handelns und des ökonomischen Austausches. In Anlehnung an Dr. Kai Fischer lassen sich acht grundsätzliche Gebelogiken beschreiben.

 

Warum Menschen spenden

Solidarität

Durch die Spende wird eine Hilfe für Menschen und/oder Tiere in einer akuten Notsituation geleistet (Katastrophenhilfe). Die Spender*innen handeln aus Mitleid und aus der Erleichterung darüber, selbst in einer besseren Lebenssituation zu sein. Sie geben Geld, damit andere, i. d. R. eine Hilfsorganisation, die erforderliche Hilfe leisten können. Damit entlasten die Spender*innen zugleich sich selbst, weil sie die Verantwortung für die Beseitigung der Not abgegeben haben. Durch die Spende entsteht eine kurzzeitige Einmal-Beziehung zur Hilfsorganisation, die jedoch nicht zu einer längeren Bindung führt – bis zur nächsten Katastrophe.

 

Mission / Vision

Die Spender*innen unterstützen durch ihre Gabe ein Anliegen bzw. ein Ziel, das ihnen selbst wichtig ist. Ausgelöst wird dies oft durch die Empörung über einen Missstand, beispielsweise fehlende Kita-Plätze, der geplante Bau einer größeren Straße mitten durch ein ruhiges Wohngebiet oder zu wenig Engagement beim Klimaschutz. Es besteht oftmals bereits eine persönliche Beziehung zu den handelnden Personen oder eine innere Beziehung zum Anliegen, die dann zu einer Beteiligung durch eine Geld-, Sach- oder Zeitspende führt. Über die gemeinsamen Werte bildet sich oftmals eine längerfristige Bindung zu den beteiligten Personen und zur gemeinsamen Initiative heraus, die auch über die erfolgreiche Lösung eines Missstandes hinaus als Nachbarschaft oder Freundschaft fortbestehen kann.

 

Anlass

Immer häufiger wird um eine Anlass-Spende gebeten, beispielsweise bei einem runden Geburtstag, einem Jubiläum oder einer Trauerfeier. Dahinter steht der Wunsch, etwas Gutes zu tun, weil die Anlassgeber*innen selbst bereits alles haben bzw. nichts für sich selbst bedürfen. Im geschäftlichen Bereich kommt die Chance für ein Unternehmen dazu, sich durch die Anlass-Spende in der Öffentlichkeit als sozial engagiert zu präsentieren. Die Spenden erfolgen aufgrund einer persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu den Anlassgeber*innen, aber es fehlt überwiegend eine Bindung der Geber*innen zum Spendenzweck oder der empfangenden Organisation. Umgekehrt kann diese eine Beziehung nicht aufbauen, da ihr die Namen der einzelnen Spender*innen nicht bekannt werden, sobald die Spenden über ein Sammelkonto geleistet werden.

 

Erwiderung

Nach einer persönlich erlebten Hilfe oder Unterstützung entsteht oft das Bedürfnis, sich bei den Helfer*innen zu bedanken. Dies geschieht beispielsweise nach der Sterbebegleitung eines Angehörigen in einem Hospiz oder nach der Rettung aus einer wasserbezogenen Notsituation durch die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) oder die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG). Wenn die empfangende Organisation den Kontakt zu den Spender*innen über den aktuellen Dank hinaus pflegt, kann sich daraus eine längerfristige Bindung der Spender*innen an die Organisation entwickeln.

 

Kauf

Der Besuch eines Benefizkonzertes oder Charitydinners, der Erwerb von Losen bei einer Wohltätigkeits-Tombola oder die Teilnahme an einer „stillen Auktion“ (Versteigerung) ist eine simulierte Kaufhandlung, die der spendensammelnden Organisation zugutekommt. Die Spender*innen wissen um den guten Zweck, haben aber oftmals keine Beziehung zu der Organisation, die anschließend den Erlös bekommt. Diese kann nur dann eine Beziehung aufbauen, wenn ihr die Namen und Kontaktdaten der einzelnen Spender*innen persönlich bekannt werden, was der Datenschutz oftmals unterbindet.

 

Social Impact Investment

Privatgönner*innen („Großspender*innen“) und Unternehmen bzw. Unternehmer*innen verstehen sich zunehmend als Investor*innen. Sie setzen ihr Geld entweder als Spende oder als ein zu verzinsendes Kapital ein, dessen Zinssatz jedoch deutlich unter den banküblichen Konditionen liegt. Ihnen geht es dabei weniger um die Mission bzw. Vision einer spendensammelnden Organisation, sondern um die sozialen Erträge (social value statt shareholder value), die sie durch ihre Investition in ein gemeinnütziges Projekt als gesellschaftliche Wirkung erzielen können.

 

Ansehen

Menschen, die zur sozialen Elite der Millionäre und Milliardäre gehören, haben häufig den Wunsch, ihr Vermögen zu zeigen. Dies geschieht u. a. durch die Gründung einer Stiftung, die Finanzierung eines Lehrstuhls an einer Hochschule oder den
Bau eines (Forschungs-)Instituts, die jeweils den Namen der Stifter*innen tragen. Hierbei geht es weniger um den ursprünglichen Charakter des Gabehandelns, sondern vielmehr um die Darstellung und den Nachweis der eigenen Zugehörigkeit zur bürgerlichen Gesellschaft der „oberen Zehntausend“ und des eigenen wirtschaftlichen Erfolges.

 

Bestechung

Eine oftmals unterschätzte Gebe-Logik ist der „Handel mit Gott“. Gerade in Kriegs- und persönlichen Krisenzeiten wird häufig ein Deal angestrebt: „Wenn Du mir hilfst, dann spende ich …“ Die Votivschiffe, die in den meisten Kirchen an norddeutschen Küsten hängen, sind ein sichtbares Zeichen. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen „Votum“, also Gelübde, ab. Drohte in früherer Zeit ein Schiff in einem Sturm unterzugehen, dann versprachen die Seeleute Gott, ihm ein Schiff zu schenken. Überlebte die Mannschaft, stiftete sie ein Schiffsmodell für die Kirche. Auch viele Altäre, Kirchenfenster und Abendmahlskelche sind auf ähnliche Weise nach einer erfolgreichen Bewahrung vor körperlichem oder wirtschaftlichem Schaden finanziert worden. Dieses Prinzip verlagert den Aspekt der Erwiderung auf Gott, der aufgrund eines gegebenen Versprechens zum Handeln gezwungen werden soll, und gibt gleichzeitig den Spender*innen die Möglichkeit, nach der Rettung ihre Spende wiederum als eigene Erwiderung auf die empfangene Wohltat öffentlich darzustellen.

 

Mit den Augen der Spender*innen sehen

 

Unter dem Titel „Besser spenden!“ beschreibt Ise Bosch das Fundraising erstmals aus der Sicht einer Spenderin. Das Buch und die Internetseite beschreiben einen Leitfaden für alle, die sich nachhaltig engagieren wollen. Dort finden Sie u. a. Vorlagen für einen persönlichen Spendenplan und Tipps zum Finden der für Sie geeigneten Projekte. Dieser Perspektivwechsel ist für Fundraiser*innen hilfreich, denn allzu oft werden die Spendenbitten nur aus der eigenen Sicht der Organisation beschrieben.

 

Geld wächst nicht auf den Bäumen, sondern in den Herzen von Menschen.

Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg

Beratung für soziale Organisationen, SPENDWERK